Die „Mein Führer“-Blitz-Kritik

Meine (hoffentlich erkenntnisstarke) Meinung direkt nach dem Kinobesuch als Antworten auf die meistdiskutierten Fragen zu Dani Levys „Mein Führer“.

Darf man über Hitler lachen?

Die patzigen Antworten vorweg: „Seit Mai 1945 glücklicherweise – Ja“ und außerdem bin ich Anhänger von Tucholskys „Satire darf alles“-These.

Ernsthafter: Über eine Hitlerdarstellung zu lachen bedeutet ja keine Verharmlosung des Holocausts. Interessant finde ich an der Frage eigentlich nur, dass sie überhaupt gestellt wird. Wogegen anscheinend kein Diskussionsbedarf zu bestehen scheint, ob man das Dritte Reich verkitschen oder banalisieren darf.

Denn was anderes als Kitsch ist es denn, wenn am Ende von „Der UntergangFräulein Junge mit dem „zur Vernunft gekommen“ Hitlerjungen ganz befreit durch den deutschen Wald radelt? (Abgesehen davon, dass die Geschichte von verführten HJ-Angehörigen. der dann glücklicherweise erkennt, wozu ihn die bösen Nazis ganz gegen seine eigentlich gute Natur getrieben haben, auffällig einem in der Flakhelfer-Generation sehr verbreiteten Selbstverständnis entspricht …)

Und was anderes als Banalisierung ist es, wenn eine sogenannte Dokumentation im öffentlich-rechtlichen Fernsehen aus dem Zusammenschnitt der Schmalfilme der späteren Frau Hitler, geborene Braun besteht. Verstehen wir das dritte Reich etwa besser, wenn wir Onkel Hitler die Wangen der kleinen Goebbels tätscheln und Eva Braun auf Kreuzfahrt sehen. (Auf dem Historikertag soll in diesem Zusammenhang der Begriff „Geschichtspornografie“ gefallen sein …)

Darf man Hitler als armes Würstchen zeigen?

Der von Helge Schneider dargestellte Film-Hitler ist immer als Kunstfigur zu erkennen – und insofern weit weniger „Mitleid“ erregend als der pseudorealistische Hitler aus „Der Untergang“.

Außerdem ist eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit nur möglich, wenn man sich daran erinnert, dass auch Hitler ein Mensch und kein aus dem All oder Österreich über die Deutschen gekommenes übermächtiges Monster war, dessen dämonischer Einfluss von den Fragen individueller Schuld und kollektiver Verantwortung befreit.

Ist der Film lustig?

Ich fand ihn saukomisch – aber Humor ist ja bekanntlich schon eine individuelle Angelegenheit. Wer über den Trailer lachen kann, dürfte auch an dem Film seinen Spass haben.

Wo bleibt denn jetzt die Kritik?

Wie auch schon in „Alles auf Zucker“ hat die Handlung gegenüber den einzelnen Gags nicht das gleiche Gewicht. Der Film könnte in sich geschlossener sein. (Was allerdings den Vorteil hat, dass die holzschnittartige Küchenpsychologie: Hitler wurde Diktator, weil Papi Klein-Adolf schlecht behandelt hat, glücklicherweise in den Hintergrund treten lässt).

Und man (oder zumindest der Autor dieser Zeilen) sieht eine „Hitler-Komödie“ ja immer vor der Folie von „Der große Diktator“.

Bilder von der gleichen ikonischen Kraft wie Adolf Hynkels selbstverliebter Tanz mit dem Globus gelingen Levy nicht.

Die höchste Filmkunst wäre es wahrscheinlich, eine so eigenständige Komödie zu diesem Thema zu drehen, dass man sie nicht vor dem Hintergrund von Chaplins Film sieht. Das Levy das nicht gelingt, ist dann aber wieder auch keine wirkliche Kritik …


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